Projekt Lesen Jahrgang 5

Ein Mittel gegen den „Leseknick“?



Das Fach „Lesen“ an der IGS Edigheim – Ein Erfahrungsbericht von Dr. Max Groh:


Seit dem Schuljahr 2021 lesen Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen der IGS Edigheim eine Stunde pro Woche was sie wollen – als Unterricht. Das Schulfach „Lesen“ ist allerdings kein Unterrichtsfach im herkömmlichen Sinne mit strukturierten Lehr- und Lernphasen: Stattdessen dürfen die Kinder komplett frei lesen.

Der Lesefortschritt wird über Lektürefragen im Form von Punkten auf der Onlineplattform „Antolin“ erfasst, was in der Grundschule schon seit vielen Jahren weite Verbreitung findet. Die Plattform zur Leseförderung umfasst Kinder- und Jugendbücher bis einschl. Klasse 10 und ist somit auch für weiterführende Schulen geeignet.

Grundlegende Idee hinter dem Unterrichtsfache war die Unzufriedenheit mit dem sogenannten „Knick“ in der Lesebiografie vieler Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren: Während die meisten Kinder und  Jugendlichen während der Grundschulzeit sehr gerne lesen, kehrt dieses Verhältnis in den weiterführenden Schulen um – mit dramatischen Folgen: Wer in diesem Alter das Interesse am Lesen behält, bleibt statistisch gesehen in der Regel ein Leben lang Leser und hat es in Schule und Studium viel leichter. Für den Rest schließt sich das sogenannte „Lesefenster“ in der kognitiven Entwicklung meist für immer.

Die Hauptursache hierfür ist nach Forschungslage die Konkurrenz digitaler Medien. Allerdings spielt auch die Schule eine (leider negative) Rolle: Fragt man die Schülerinnen und Schüler selbst nach den Gründen ihres abhandengekommenen Leseinteresses, wird häufig die Schule als Ursache hierfür benannt – vgl. hierzu die beiden Grafiken.

Grundlegend ist die Überlegung, wie bei Kindern der Leseknick vermieden und die Lesefreude konstant gehalten kann. Ferner gab es auch den Wunsch, die Rolle der Schulbibliothek zu verändern: Untersuchungen zeigen nämlich, dass Schulbibliotheken genau dann erfolgreich ihre Aufgabe zur Leseförderung wahrnehmen, wenn sie sinnvoll im Regelunterricht integriert sind. In den hier vorgestellten Ideen laufen beide Linien zusammen und ergänzen sich.

In allen denkbaren Fällen ist der Bestand der Schulbibliothek natürlich von entscheidender Bedeutung. Dieser muss nicht groß sein, aber dafür altersgerecht. An der IGS Edigheim wurden zum Beispiel in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Buchhandlung sowie mit Unterstützung des Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz über 600 altersadäquate Medien zur Verfügung gestellt. Die Medien wurden dabei zur Hälfte (durch Unterstützung des Fördervereins) gekauft. Die andere Hälfte kommt in Form stetig wechselnder Bücherkisten aus der Landesbüchereistelle Neustadt.  Für alle gelesenen Bücher können die Schüler über die Plattform „Antolin“ Punkte einheimsen, die sich in Form von guten Noten niederschlagen, was v.a. Jungs motiviert ihnen hilft, über das kritische Lesealter von 12 Jahren hinaus weiter Freude am Lesen zu behalten.

Nach zwei Jahren Praxis zeigt sich ein deutlicher Erfolg in Form gesteigerter Lesefreude und verbesserter Lesekompetenz, so dass man als Fazit festhalten kann: Zur Nachahmung empfohlen; Eine Liste der erworbenen Bücher kann auf Wunsch gemailt werden.

Dr. Max Groh, 17.04.2022



Weiterführende Literatur & Links